Zentrale Standpunkte und Forderungen
Maßnahmen zur Familienentlastung und -unterstützung
Maßnahmen zur Familienentlastung und -unterstützung
Die Kindererziehung und -betreuung stellt für die meisten Eltern eine grundlegende Herausforderung dar, die ohne ein ausreichendes soziales Netzwerk und öffentliche Unterstützungsangebote kaum zu bewältigen ist. Vor allem der Spagat zwischen Familie, Beruf und persönlichen Bedürfnissen kann nur gelingen, wenn Eltern auf angemessene Unterstützungs- und Entlastungsangebote zugreifen können. In Ballungszentren gibt es mittlerweile ein breites Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten, insbesondere für kleinere Kinder sowie im vorschulischen und schulischen Bereich. Im ländlichen Raum und in Tirols Tälern jedoch ist dieses Angebot noch immer unzureichend.
Für Familien mit einem Kind mit Behinderung stellt sich die Situation noch herausfordernder dar. Zwar teilen Eltern mit einem Kind mit Behinderung ähnliche Wünsche und Bedürfnisse wie andere Eltern – etwa den Wunsch nach einem baldigen beruflichen Wiedereinstieg und persönlichem Freiraum – doch die zusätzlichen Anforderungen, die mit der Behinderung des Kindes einhergehen, sind enorm. Arzt- und Kliniktermine, Therapien und Fördereinheiten, aber auch gesellschaftliche Diskriminierung und der häufige „Behördenmarathon“ machen den Alltag für diese Familien besonders belastend. Oft sind sie noch mehr als andere auf ein gutes soziales Netzwerk und umfassende Unterstützung durch öffentliche Stellen angewiesen.
Obwohl in den städtischen Ballungszentren integrative Kinderkrippen und Kindergärten mit Nachmittagsbetreuung existieren, werden Kinder mit erhöhtem Förderbedarf oft nicht aufgenommen oder erhalten nicht die notwendige Förderung. In ländlichen Gebieten ist die Versorgungslage noch deutlich schlechter. Trotz der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention vor über zehn Jahren bleibt es für viele Familien eine Herausforderung, ihr Recht auf Unterstützung durch soziale Dienstleistungen wahrzunehmen. Kinder mit erhöhtem Förderbedarf besuchen in Tirol leider oft noch keine regulären Kindergärten oder Schulen, sondern sind auf Sondereinrichtungen angewiesen, was mit enormen Transportaufwänden und einer isolierenden Betreuung verbunden ist.
In vielen Fällen erfahren Kinder mit Behinderungen und ihre Familien Diskriminierung, sei es durch begrenzte Unterstützung in Schulen oder den Ausschluss von gemeinsamen Aktivitäten wie Exkursionen. Diese Situation bleibt in vielen Tiroler Gemeinden eine traurige Realität. Vor allem für Familien mit hohem Unterstützungsbedarf gibt es nur begrenzte Möglichkeiten zur Entlastung. Nur alleinerziehende oder berufstätige Eltern haben Anspruch auf MAXIMAL 376 Stunden Unterstützung pro Jahr. Wobei Anspruch eigentlich falsch ist: Seit die mobilen Leistungen im TTHG zu sg. privatwirtschaftlichen Leistungen wurden, ist es Ermessensache, ob und in welchem Ausmaß bewilligt wird. Dabei wird bspw. die Familiensituation beachtet: Alleinerzieher:innen und/oder berufstätige erhalten mehr. Familien in denen sich ein Elternteil oft ganz der Betreuung und Pflege widmet (widmen muss), unter Umständen auch gar nichts. Die Leistungsbezieherinnen erhalten im Jahr 2024 durchschnittlich 136 Stunden pro Jahr. Egal wie man dies wendet: Es reicht bei Weitem nicht aus, um die täglichen Herausforderungen zu meistern.
Österreich hat sich durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und zu fördern. Die UN-Konvention garantiert das Recht auf Nichtdiskriminierung und volle Teilhabe, doch die Realität für viele Familien in Tirol sieht anders aus. Die derzeitige Unterstützung ist unzureichend und entspricht nicht den Bedürfnissen der betroffenen Familien.
Forderungen und Maßnahmen
Um echten Fortschritt zu erreichen, fordert Integration Tirol eine grundlegende Verbesserung der Unterstützung für Familien mit Kindern mit Behinderung. Familien benötigen ab dem Moment der Geburt eines Kindes mit Behinderung eine umfassende Unterstützung, die sich an ihren tatsächlichen Bedürfnissen orientiert. Dies umfasst eine persönliche Assistenz im Ausmaß des individuellen Bedarfs der Familien, damit sie in ihrem Alltag, bei der Pflege und bei Arzt- und Therapie-Terminen entlastet werden. Nur so kann die Gefahr einer Überforderung der Eltern gemindert und eine stabile familiäre Unterstützung gewährleistet werden.
Diese persönliche (Familien-) Assistenz sollte nicht nur in Krisensituationen zur Verfügung stehen, sondern auch die Grundlage für eine integrative Betreuung im Kindergarten und in der Schule bilden. Die Erfahrungen der Eltern müssen bei der Bestimmung des Unterstützungsbedarfs berücksichtigt werden, da nur sie wissen, welche Hilfe sie tatsächlich benötigen. Die Unterstützung sollte nicht an bürokratische Hürden gekoppelt sein, sondern schnell und unbürokratisch gewährt werden.
Die maximale Unterstützung von 376 Stunden pro Jahr ist unzureichend und führt Familien immer wieder in die Situation, auf teure und isolierende Sonderbetreuung zurückgreifen zu müssen. Eine echte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfordert jedoch eine Ausweitung der Unterstützung und eine Anpassung des Systems an die Bedürfnisse der betroffenen Familien. Integration Tirol fordert daher eine Anpassung des Tiroler Teilhabegesetzes, damit Familien in ihren Belastungssituationen wirklich unterstützt werden und nicht weiterhin auf eine isolierende Betreuung angewiesen sind.
Integration Tirol setzt sich für eine inklusive Gesellschaft ein, in der alle Menschen mit Behinderung und ihre Familien die gleiche Unterstützung und Wertschätzung erfahren. Kinder mit Behinderungen gehören in die Mitte der Gesellschaft und verdienen die gleiche Chance auf ein selbstbestimmtes Leben wie alle anderen.
Bildung - vom Kindergarten bis in die Sekundarstufe 2
Österreich bekennt sich seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Jahr 2008 zu einem INKLUSIVEN Bildungssystem.
Dies bedeutet, dass niemand vom gemeinsamen Leben, Lernen und Arbeiten ausgeschlossen werden darf und für jeden Menschen die vollständige Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen sicherzustellen ist.
Siebzehn Jahre nach der Ratifizierung der UN-BRK durch das österreichische Parlament, nach Beendigung der Frist für den Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012-2021 (NAP), nach Zwischenberichten zum NAP, nach Evaluierung der Maßnahmen des NAP durch die Universität Wien und nach zahlreichen Rückmeldungen verschiedenster Organisationen muss festgestellt werden, dass sich Österreich von dem Ziel eines inklusiven Bildungssystems bisher eher entfernt als sich diesem angenähert hat.
- Wenn sich Eltern aufgrund mangelnder inklusiver Angebote zwangsweise für den Unterricht in der Sonderschule entscheiden „müssen“, weil dort die Ressourcen vorhanden sind,
- wenn Eltern ständig hören, dass für ihr Kind eine kleine Gruppe mit viel Personal die bessere Form ist und daher nur die Sonderschule angeboten wird,
- wenn Eltern beklagen, keinen Kindergartenplatz für ihr Kind mit Behinderung zu bekommen,
- wenn Eltern berichten, dass für die Nachmittagsbetreuung an der Sonderschule die Ressourcen vorhanden sind, in der Regelschule aber nicht,
- wenn Eltern ihre Kinder anstelle der im Lehrplan vorgesehenen 27 Unterrichtsstunden für nur 15 Stunden in die Schule bringen dürfen,
- wenn sich Eltern sorgen müssen, ob deren jugendlichen Kindern ein freiwilliges 11./12. Schuljahr bewilligt wird,
- wenn Schulleitungen und Lehrpersonen berichten, dass für präventive Maßnahmen keine Ressourcen zur Verfügung stehen,
- wenn Eltern für medizinische Versorgung ihrer Kinder in der Schule selbst sorgen müssen,
- wenn Eltern für pflegerische Leistungen (z. B. Unterstützung bei der Toilette) selbst Sorge zu tragen haben oder in der Mittelschule gesagt wird, dass keine Lehrperson der Regelschule ihr Kind bei der Pflege unterstützen wird,
- wenn keine ausreichende Assistenz in pädagogischen Bereichen zur Verfügung steht,
- wenn in Kindern angelegte Fähigkeiten verkümmern oder sich nicht voll entwickeln können, weil adäquate Förderung kaum möglich ist,
- wenn Schulen keine Ressourcen für inklusive Schulentwicklungsprozesse haben,
- wenn Gemeinschaft nur schwer wachsen kann, weil Kommunikation nicht unterstützt werden kann,
... dann MUSS gehandelt werden!
Wir fordern darum das BMBWF auf nationaler Ebene, die Landesregierung, die Bildungsdirektion und jede Schule des Landes auf:
- Eine Haltung zur inklusiven Bildung einzunehmen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, jedes Kind willkommen heißt und es bestmöglich beim Lernen und Heranwachsen unterstützt. Eine Haltung einzunehmen, die den wissenschaftlich vielfach herausgearbeiteten Mehrwert inklusiver Bildung wahrnimmt und diese fördert, statt sie zu verunmöglichen.
- Ein Verständnis der Verantwortungsträger für die Schlüsselrolle von Bildungsinstitutionen für das Wachsen einer inklusiven Gesellschaft und das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der Mitte der Gesellschaft.
- Ausreichende Lehrer*innenstunden in den Regelschulen zur Verfügung zu stellen: Der 2,7%-Deckel für sonderpädagogische Fördermaßnahmen ist sofort aufzuheben.
- Notwendiges Supportpersonal anzuwerben und sinnvoll im System zu verankern.
- Schaffung von ausreichend Kindergartenplätzen für drei Kindergartenbesuchsjahre.
- Einen Rechtsanspruch auf den Schulbesuch im 11. und 12. Schuljahr in allen Schulformen.
- Die Sicherstellung notwendiger medizinischer Versorgung in der Schule.
- Assistenz in pädagogischen Bereichen muss in ausreichendem Maß vorhanden sein.
- Inklusive Schulentwicklungsprozesse in der Regelschule sollen forciert werden. Fortbildungen für Schulleiter:innen und Pädagog:innen müssen angeboten und verpflichtend umgesetzt werden.
- Der Beratungsstab muss dahingehend ausgebaut werden, dass er das Dreieck Eltern-Schüler:innen-Schule sowie externe Partner:innen aktiv vernetzt und als Ansprechperson niederschwellig zur Verfügung steht.
- Österreich ist verpflichtet, einen Stufenplan zur Schaffung eines inklusiven Schulsystems umzusetzen. Die Segregation in der Bildung muss endlich aufhören.
Berufsvorbereitung neu denken: Chancen, Herausforderungen und Wege zur Inklusionel des Dienstes, den du anbietest
Von der Isolation zur Integration: Der Status quo
Jugendliche mit Behinderungen stehen nach ihrer Schulzeit oft vor einer verlängerten Phase der Isolation. Berufsvorbereitungsprojekte, die eigentlich den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ebnen sollen, finden größtenteils in geschützten Räumen statt. Hier werden zwar schulische und soziale Kompetenzen trainiert, doch Arbeitserprobungen in realen Betrieben sind die Ausnahme. Über 90% dieser Maßnahmen bleiben im Schonraum, getrennt vom echten Arbeitsmarkt.
Für die betroffenen Jugendlichen und ihre Familien bedeutet das nicht nur soziale Isolation, sondern auch finanzielle Belastungen. Praktika bleiben unbezahlt, und Selbstbehalte für Verpflegung und Unterkunft fallen weiterhin an. Diese Strukturen führen dazu, dass Unternehmen kaum Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderungen haben, und die Jugendlichen wiederum keine realistischen Chancen, sich und ihre Fähigkeiten im Arbeitsalltag zu beweisen.
Zeit als Chance: Die neue Gesetzesnovelle
Mit der jüngsten Gesetzesänderung wurde die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von jungen Menschen mit Behinderungen von 18 auf 25 Jahre verschoben. Damit gewinnen sie wertvolle Jahre für Berufsorientierung, Qualifizierung und persönliche Reifung. Doch diese Zeit ist nur dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich genutzt wird, um nachhaltige Perspektiven zu schaffen.
Praktika und Berufsvorbereitungsprojekte müssen weg von der reinen Überbrückungslösung hin zu echten Qualifizierungsmaßnahmen, die auf den individuellen Bedarf der Jugendlichen zugeschnitten sind. Ziel muss es sein, die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern – mit fairer Entlohnung, sozialer Absicherung und realistischen Jobchancen.
Eine inklusive Vision: Arbeitswelt für alle gestalten
Damit Berufsvorbereitung gelingen kann, braucht es ein Umdenken: Nicht nur Jugendliche sollen für den ersten Arbeitsmarkt „fit“ gemacht werden, auch der Arbeitsmarkt muss für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zugänglicher werden. Praktische Erfahrungen sind dabei entscheidend – mindestens ein Viertel der Zeit in Berufsvorbereitungsprojekten sollte in realen Betrieben verbracht werden.
Das Konzept der „persönlichen Zukunftsplanung“ kann hier eine Schlüsselrolle spielen, indem es das soziale Umfeld der Jugendlichen aktiv einbindet. Dies erleichtert nicht nur die Berufssuche, sondern auch die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens in der Wohnortnähe.
Die offene Frage: Was folgt nach der Vorbereitung?
Eine wesentliche Herausforderung bleibt die Frage, was nach der Zeit in Berufsvorbereitungsprojekten passiert. Die Novelle allein schafft keine Arbeitsplätze. Ohne gezielte Maßnahmen zur Schaffung inklusiver Arbeitsmöglichkeiten laufen auch die besten Vorbereitungsprogramme ins Leere.
Hier sind vor allem Unternehmen, aber auch der öffentliche Dienst gefordert. Arbeitsplätze müssen geschaffen werden, die an den Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfen der Jugendlichen ausgerichtet sind. Aktuelle Rückgänge bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, auch im öffentlichen Sektor, zeigen, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.
Ein neuer Weg: Gemeinsam in die Zukunft
Die verlängerte Orientierungsphase durch die Gesetzesnovelle ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch sie muss durch umfassende Reformen begleitet werden. Berufsvorbereitungsprojekte dürfen nicht länger isolieren, sondern müssen die Brücke in eine inklusive Arbeitswelt schlagen. Gleichzeitig braucht es Anreize und Unterstützung für Unternehmen, inklusive Arbeitsplätze zu schaffen.
Eine inklusive Gesellschaft erfordert, dass alle Akteure – Jugendliche, Bildungsträger, Arbeitgeber und Politik – gemeinsam an einem Strang ziehen. Nur so können die gewonnenen Jahre zu einem echten Aufbruch statt einem bloßen Aufschub werden.
Familienbeihilfe und Integration in den Arbeitsmarkt: Hemmnisse und Reformbedarf
Ein System im Wandel – und seine Schwächen
Mehr als ein Jahrzehnt nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention bleibt die finanzielle Situation vieler Menschen mit Behinderungen prekär. Besonders im Bereich der Arbeitsintegration zeigt sich ein grundlegendes Problem: Statt fairer Entlohnung erhalten Betroffene in Einrichtungen sozialer Dienstleister lediglich Taschengeld – ein Zustand, der sowohl beschämend als auch menschenunwürdig ist.
Auch jene, die den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen, arbeiten oft im Niedriglohnbereich. Praktika, die diesen Übergang erleichtern sollen, sind meist unbezahlt. Selbst bei einer Anstellung führt die Sorge um den Verlust der „erhöhten Familienbeihilfe“ dazu, dass viele Menschen mit Behinderungen auf Teilzeitbeschäftigungen beschränkt bleiben.
Derzeit liegt die Zuverdienstgrenze bei 10.000 € pro Jahr – ein Betrag, der weder mit den tatsächlichen Lebenshaltungskosten noch mit den Ansprüchen einer modernen Arbeitswelt vereinbar ist. Überschreitet eine Person mit Behinderung diese Grenze, verliert sie nicht nur die erhöhte Familienbeihilfe, sondern auch wichtige Leistungen wie die Rezeptkostenbefreiung, GIS-Befreiung oder den Anspruch auf Waisenpension. Dies führt dazu, dass Gehaltserhöhungen oft zu einem realen Einkommensverlust führen.
Diskriminierung durch veraltete Strukturen
Das aktuelle System stellt Menschen mit Behinderungen vor eine paradoxe Wahl: Entweder sie bleiben unter der Zuverdienstgrenze und verzichten auf berufliche Entwicklung oder sie riskieren den Verlust essenzieller sozialer Absicherungen. Diese Regelung steht in krassem Widerspruch zu den Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf Arbeit und gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt garantiert.
Während für Kinder in der Betreuung unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern die gleichen Förderungen gelten, wird bei Menschen mit Behinderungen ein Verdienstlimit gesetzt, das sie in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung behindert. Die veralteten Vorgaben zur erhöhten Familienbeihilfe verhindern somit ordentliche Beschäftigungsverhältnisse mehr, als sie diese fördern.
Neue Wege: Lohn statt Taschengeld und ein selbstbestimmtes Leben
Das Konzept der Arbeitstherapie in Einrichtungen sozialer Dienstleister muss grundlegend überdacht werden. Statt Taschengeld müssen Menschen mit Behinderungen angemessen entlohnt und direkt an den Einnahmen aus ihrer Arbeit beteiligt werden.
Ebenso wichtig ist ein Perspektivenwechsel bei der Familienbeihilfe. Diese sollte keine Dauerlösung darstellen, die Menschen mit Behinderungen in einer kindlichen Abhängigkeit hält. Stattdessen könnte ein persönliches Budget eingeführt werden, das die behinderungsbedingten Mehrkosten deckt und als Basisabsicherung dient. Der durch Arbeit erwirtschaftete Lohn bliebe damit vollständig für den individuellen Lebensunterhalt.
Forderungen für eine gerechtere Zukunft
- Anpassung der Zuverdienstgrenze: Die aktuelle Grenze von 10.000 € jährlich sollte mindestens auf 30.000 € angehoben oder vollständig abgeschafft werden. Nur so können Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt am Arbeitsleben teilnehmen.
- Faire Entlohnung für Arbeitserprobung: Jugendliche mit Behinderungen sollten während ihrer Praktika in Betrieben angemessen entlohnt werden.
- Persönliches Budget statt Familienbeihilfe: Ein selbstbestimmtes, individuelles Budget würde Menschen mit Behinderungen ermöglichen, ihre behinderungsbedingten Kosten zu decken und zugleich finanziell unabhängig zu sein.
- Modernisierung der Arbeitstherapie: Einrichtungen sozialer Dienstleister müssen ihre Strukturen an die UN-Behindertenrechtskonvention anpassen und echte Teilhabe ermöglichen.
Schlussgedanke
Menschen mit Behinderungen sind Erwachsene, die das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben haben. Anstelle eines Systems, das Abhängigkeit fördert, braucht es Rahmenbedingungen, die Teilhabe ermöglichen und Arbeit als würdevollen Beitrag zur Gesellschaft anerkennen. Eine soziale Basisabsicherung in Kombination mit fairer Entlohnung wäre ein erster Schritt in diese Richtung.
Gemeinsam Freizeit erleben: Barrieren abbauen, Teilhabe fördern
Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen: Ist-Zustand
Freizeitgestaltung ist für alle Menschen eine wichtige Quelle der Erholung, Kreativität und sozialen Teilhabe. Für Menschen mit Behinderungen bietet sie ebenfalls enorme Chancen, die individuelle Entwicklung zu fördern und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Insbesondere Aktivitäten wie Sport, Musik, Kunst, Tanz sowie die Teilnahme an verschiedenen (Brauchtums-)Vereinen eröffnen Möglichkeiten, die nicht nur die Fähigkeiten der Teilnehmenden ansprechen, sondern auch ihre sozialen und kreativen Kompetenzen, ihre Resilienz und Gesundheit stärken. Dabei geht es nicht nur um das "Höher, Weiter, Schneller", wie es oft im Leistungssport der Fall ist, sondern um das Erlebnis und die Freude an der Aktivität selbst sowie um das „Teil von etwas sein“.
Für viele Menschen mit Behinderungen ist die Teilnahme an Freizeitangeboten, die nicht auf Leistung oder Wettbewerb ausgerichtet sind, jedoch noch eine große Herausforderung. In Tirol sind Angebote, die sich auf sportliche, kreative und kulturelle Aktivitäten konzentrieren und die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen, nach wie vor nur schwer zu finden. Die wenigen bestehenden Angebote werden oft nur aus privaten Mitteln und durch das ehrenamtliche Engagement von Einzelpersonen, häufig den Eltern von Menschen mit Behinderungen, getragen.
Dies führt nicht nur zu einer unzureichenden Infrastruktur, sondern auch zu einer sozialen Isolation vieler betroffener Familien. Obwohl es Ansätze gibt, integrative Freizeitangebote zu schaffen, sind diese noch immer die Ausnahme und keineswegs die Regel.
Die UN-Behindertenrechtskonvention und die Notwendigkeit inklusiver Freizeitgestaltung
Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, auch in der Freizeit. Sie garantiert das Recht auf Nichtdiskriminierung und die Möglichkeit zur vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. In diesem Sinne ist es besonders wichtig, die Vielfalt der Freizeitangebote zu fördern, um allen Menschen die Chance zu geben, ihre Fähigkeiten zu entfalten und ihr persönliches Wohlbefinden zu steigern.
Die Bereitstellung von inklusiven Freizeitmöglichkeiten bedeutet auch, dass Menschen mit Behinderungen nicht nur in bestimmten Bereichen, sondern in der Gesellschaft insgesamt aktiv mitwirken können. So sollten auch Menschen mit Behinderungen in Freizeitvereinen, die sportliche, kreative oder kulturelle Angebote – vom Fußball über Modellbau-, Lego- oder Krampusvereine bis hin zum Theater – bieten, mitwirken dürfen, und dies sowohl als Teilnehmende als auch in organisatorischen Funktionen.
Vision und Forderungen
Für eine inklusive Gesellschaft ist es entscheidend, dass Freizeitaktivitäten nicht durch Leistung oder Wettbewerb definiert werden, sondern durch die Freude an der Bewegung, der Kreativität und der persönlichen Entfaltung. Menschen mit Behinderungen sollten in ihrer Freizeit nicht nur sportliche Betätigung, sondern auch kulturelle und kreative Angebote erhalten, die sie in ihrer Entwicklung unterstützen und ihnen die Möglichkeit geben, soziale Kontakte zu knüpfen.
Dies bedeutet:
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Ausbau nicht-leistungsorientierter Freizeitangebote: Es müssen mehr Freizeitmöglichkeiten geschaffen werden, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zugeschnitten sind. Sportvereine, Musikschulen, Kunstateliers, Tanzkurse und kreative Angebote sind Bereiche, in denen Inklusion gefördert werden kann. Das Land Tirol sollte den Aufbau neuer Strukturen aktiv fördern und existierende Fördernehmer:innen aktiv auf ihre Pflicht zur Inklusion hinweisen.
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Kooperation mit sozialen Dienstleistern und Sportvereinen: Es sollte eine stärkere Zusammenarbeit zwischen sozialen Dienstleistern und regionalen Freizeitvereinen stattfinden, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu Freizeitangeboten haben. Assistent:innen sollen auch bei den Aktivitäten unterstützen können, statt „nur“ Transportdienste zu leisten.
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Integration in bestehende Freizeitstrukturen: Nicht-leistungsorientierte Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen sollten in die bestehenden Freizeit- und Kulturverbände integriert werden, um sicherzustellen, dass diese Angebote nicht nur für Menschen ohne Behinderungen, sondern auch für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stehen.
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Förderung und Sichtbarkeit: Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen sollten stärker gefördert und bekannter gemacht werden. Es muss sichergestellt werden, dass diese Angebote in der Öffentlichkeit wahrgenommen und als gleichwertig angesehen werden.
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Schaffung von inklusiven Angeboten in allen Bezirken: In jedem Bezirk sollte es Freizeitmöglichkeiten geben, die Menschen mit Behinderungen sowohl sportlich, kreativ als auch kulturell fördern. Es wäre wünschenswert, dass diese Angebote über die bestehenden Strukturen hinausgehen und neue, integrative Konzepte entwickeln.
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Räumlichkeiten für das Ausleben von Freizeitaktivitäten müssen von Grund auf barrierefrei gestaltet werden.
Schlussfolgerung
Es ist entscheidend, den Zugang zu Freizeitangeboten für Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen zu verbessern und diese Angebote so zu gestalten, dass sie die Vielfalt der Begabungen berücksichtigen. Sport, Musik, Kunst und andere Aktivitäten in einer Gemeinschaft sind nicht nur für die persönliche Entwicklung wichtig, sondern auch für das soziale Wohlbefinden und die gesellschaftliche Teilhabe. Es braucht eine Kultur des Miteinanders und der Inklusion, um zu erreichen, dass jeder Mensch, unabhängig von seinen Fähigkeiten, die Möglichkeit hat, sich zu entfalten und das Leben aktiv zu gestalten.
Recht auf Kommunikation
Die Kommunikationsentwicklung ist eine zentrale Grundlage für jegliches Lernen und für das menschliche Zusammenleben. Die natürlichen Strategien zur Kontaktaufnahme und Interaktion zwischen Babys und Eltern – wie Augenkontakt, Lächeln und sprachliche Signale – basieren stark auf visuellen und auditiven Kanälen. Wenn diese Kanäle Kindern mit hohem Unterstützungsbedarf nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, entstehen Herausforderungen, die sowohl Eltern als auch Kinder überfordern können.
Der Prozess der Kommunikationsentwicklung verläuft bei allen Säuglingen ähnlich, unabhängig von Behinderungen. Der Unterschied liegt in den erschwerten Bedingungen, unter denen dieser Prozess oft stattfindet. Dies erfordert kompetente Unterstützung, die leider nach wie vor in vielen Bereichen fehlt: in der Frühförderung, in Kinderkrippen, Kindergärten und auch in Schulen.
Insbesondere Mädchen und Buben mit sehr hohem Unterstützungsbedarf werden oft nicht ausreichend unterstützt. Basaler Kommunikationsaufbau findet vielfach gar nicht statt, was dazu führt, dass Kinder sich nicht ausdrücken können und nicht verstanden werden. Dies hat schwerwiegende Folgen: Verhaltensauffälligkeiten, die nicht als Ausdruck fehlender Kommunikationsmöglichkeiten erkannt werden, und mangelnde Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Forderungen:
- Adäquater Kommunikationsaufbau: Kinder mit Behinderung benötigen ab Geburt gezielte Förderung zur Entwicklung ihrer Kommunikationsfähigkeiten, insbesondere im Bereich der basalen Kommunikation. Dieser Prozess muss fester Bestandteil der Frühförderung sowie des Bildungs- und Betreuungssystems sein.
- Unterstützte Kommunikation: Kommunikationshilfen wie Talker oder Kommunikationsmappen müssen als Heilbehelfe anerkannt und von Krankenkassen vollständig finanziert werden.
- Ausbildung und Schulung: Pädagog:innen, Therapeut:innen und Frühförder:innen müssen umfassend im Bereich Kommunikationsaufbau geschult werden. Die Ausbildung muss praktische Ansätze für die Umsetzung beinhalten.
- Einbindung der Familien: Eltern benötigen Beratung, Begleitung und spezifische Informationen, um ihre Kinder optimal unterstützen zu können. Das gesamte familiäre und soziale Umfeld sollte aktiv in den Prozess einbezogen werden.
- Flächendeckende Therapieangebote: Niedrigschwellige und wohnortnahe Angebote zur Förderung der Kommunikation müssen allen Familien zugänglich gemacht werden.
UN-Behindertenrechtskonvention:
Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Österreich, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die volle und wirksame Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. Artikel 3 betont das Recht auf Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit und Achtung der Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen. Artikel 7 stellt sicher, dass Kinder mit Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen Angelegenheiten, die sie betreffen, zu äußern – mit entsprechender Unterstützung, um dieses Recht umzusetzen.
Fazit:
„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ – Paul Watzlawick
Kommunikation ist ein Menschenrecht und ein Grundbedürfnis. Kinder und Jugendliche mit hohem Unterstützungsbedarf müssen die Möglichkeit erhalten, sich mitzuteilen – sei es durch Sprache oder alternative Kommunikationsformen. Es ist die Verantwortung von Eltern, Fachpersonen und der Gesellschaft, sie in diesem Prozess bestmöglich zu unterstützen. Nur so können sie ein selbstbestimmtes Leben führen und zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beitragen.
Stellungnahmen und Einbringungen
Statement für die Staatenüberprüfung der UNO über die Umsetzung der UN-BRK 2023 - Englisch
"Everyone talks about the CRPD, but a lot has not been implemented yet. Often it is only words on paper."
Joint Statement on Children and Young People with Disabilities
on the occasion of the 2nd and 3rd State review of Austria for the CRPD compiled by the Austrian National Youth Council and Integration Tirol including statements by the Youth advisory Board of the Tyrolean Monitoring Committee
Vienna and Innsbruck, 17th July 2023
Introductory note
The Austrian National Youth Council is the official and legally established representative body of children and youth in Austria. It provides a strong voice for the diverse interests and ideas of young people. Integration Tirol is an NGO founded by parents of children with disabilities who have been activists for inclusive education ever since the 1990s. Integration Tirol runs a counselling centre for families with children with disabilities and advocates for full inclusion of children with all kinds of disabilities. This statement was jointly elaborated by the Austrian National Youth Council and Integration Tirol. Quotes of the Youth Advisory Board of the Tyrolean Monitoring Committee reflect the voices of young people with disabilities. The Youth Advisory Board discusses and elaborates statements on the implementation of the CRPD based on the lived experience of children and young people with disabilities in Austria.
This joint statement first makes comments to replies in the combined second and third reports submitted by Austria and secondly raises other concerns regarding the implementation of the CRPD for children with disabilities in Austria.
Regarding Reply to paragraph 12, 13 and 14 of the list of issues
The replies to paragraph 12, 13 and 14 of the list of issues reflect the lack of a coordinated and systematic policy approach with regard to children with disabilities. Social services for children with disabilities are a competence of the nine Laender (states) which provided some information for the State report. However, each state uses its own terminology as well as its individual approach to data collection. This makes a comprehensive and meaningful assessment of the provided information impossible. The State report only lists the information submitted by the Laender but completely fails to elaborate a comprehensive overview. This is particularly obvious regarding the reply to paragraph 13 of the list of issues: Although for the first time ever information on the institutionalisation of children with disabilities in Austria was collected and published by the State party, the data provided lack a systematic approach as well as consistency. This not only reflects the lack of an effective coordinating mechanism to implement the convention but also proves the persistent institutionalisation of children with disabilities in Austria. In addition to this it needs to be reported that in several large institutions children with disabilities live together with adults with disabilities. This is the case e.g., in a newly built institution run by the State of Lower Austria , a newly built institution run by the State of Salzburg , the village for disabled people run by Caritas Salzburg , in the St. Pius Institute run by Caritas in Upper Austria or in the Pius Institute run by a catholic order in Styria. Such institutions typically include a special school. They are widely accepted by the Austrian society and to a large part financed publicly.
The Youth Advisory Board of the Tyrolean Monitoring Body says: "We want to be able to decide for ourselves. For example: How and with whom we live together. But often that's not possible: Young men and women who need a lot of support often have to live with many other people in residential facilities. They can't choose who they live with. Often, they have to live with a lot of older people. They can't organize their own leisure time because they don't get enough support. We also experience this with the Youth Advisory Board: young people want to come to the meetings, but they are not supported by institutions. Sometimes our parents then help, but that's not okay. Young women and men with disabilities should get enough support so they can participate everywhere."
Comprehensive and needs-oriented personal assistance for children and young people with disabilities is not provided in any of the nine Laender. A pilot project on Personal Assistance was announced by the Minister for Social Affairs, Health, Care and Consumer Protection and the respective guideline was published in April 2023. However, this guideline excludes children with disabilities up to the age of 15 years and completely excludes children and young people with disabilities living in institutions. Furthermore, there are currently only three of Austria's nine Laender part of the pilot project, which makes a nationwide harmonisation of personal assistance unlikely.
Recommendations:
• As recommended by the UN committee for the Rights of the Child in 2020 elaborate "a coherent strategy on de-institutionalization and prevention of separation of children with disabilities from their families with a clear time frame and a mechanism for its effective implementation and monitoring" .
• Include children with disabilities and those living in institutions in the pilot-projects for personal assistance
• Introduce measures to harmonise personal assistance throughout Austria
Regarding Reply to paragraph 38 of the list of issues
The State report fails to provide the requested information regarding the use of European Union structural funds for supporting the deinstitutionalization of boys and girls with disabilities. According to official complaints to the European Commission which were submitted by the European Network for Independent Living and Independent Living Austria, European Union structural funds were to a large extend used for either building new or renovating existing residential facilities as well as sheltered workshops in Austria. This includes institutions for children with disabilities: In Tyrol, more than three million € (EU funds share € 1.515.921,59) were invested in the renovation of a large special institution for children and young people with disabilities with weekly boarding and long-stay accommodation exclusively for children with disabilities. In Carinthia, a residential facility only for children with disabilities is currently being newly built co-funded by EU structural funds (share € 1 million) .
Recommendation:
• Immediately stop funding new or renovating existing non-inclusive institutions for children with disabilities, including special boarding schools
Further issues:
Regarding Article 5 Equality and non-discrimination
There is a lack of awareness and knowledge on equality and non-discrimination with regard to children with disabilities. Exclusion of mainstream services like kindergarden, the lack of individualised support or segregation into special schools is not considered discriminatory, neither by officials nor by the general population. The concept of reasonable accommodation is only included in the Federal Disability Employment Act, but not in the Federal Disability Equality Act. There is a lack of knowledge and awareness on reasonable accommodation.
Young people with disabilities report discriminatory incidences they experience in every-day life and they describe the effect discriminations has on you: "We experience many barriers, then we feel excluded. Being excluded doesn't feel good. It feels really bad and you feel sad. For example: When someone shows you that you are not welcome. Or when someone speaks too fast and in very difficult language. Or when people are impatient because someone speaks slowly or unclearly. Or when we are stared at or called stupid because of our disability. Very often there are steps so wheelchair users cannot enter stores or inns." Children and young people with disabilities should receive information on their rights and where they can find help and support. However, there is no targeted and child-appropriate information on discrimination available. This includes a lack of information on disability related discrimination for professionals who work with children with disabilities.
Recently, the first-class action lawsuit based on the Federal Disability Equality Act was filed against the Ministry of Education by the Litigation Association of NGOs Against Discrimination. It concerned a circular note which regulates personal assistance only for certain groups of children with disabilities in Federal schools. During the court process the Ministry of Education argued that it does not discriminate but the court followed the plaintiff in all respects and found that the Ministry of Education discriminates against children with disabilities. The judgment is final, but so far it is not clear if and how the Ministry of Education will change its regulations.
Recommendations:
• Analyze current law with regard to regulations that possibly discriminate against children with disabilities.
• Fully include the concept of reasonable accommodation into Disability Equality Law
• Elaborate child appropriate information on discrimination on the grounds of disability and carry out comprehensive awareness raising campaigns on disability equality
Regarding Article 8 Awareness-raising
Media, of course, plays a decisive part in the public perception of people with disabilities. The UN CRPD defines media as a central basis for awareness raising and successful inclusion. A recent study on the presence and visibility of people with disabilities and inclusion-related topics in the Austrian media landscape found that children with disabilities are frequently portrayed as objects for the purpose of fundraising at charity events. As a result, the image of young people with disabilities reproduces role stereotypes even more so than that of adults. Especially girls are often being staged as "poor, needy and victims" (p.95) when it comes to traditional media. Furthermore, the study points out that despite an increase of inclusion-related topics in the Austrian media landscape which consider disabilities normal or incidental, it is still very often not mentioned at all or explicitly addressed and frequently remains only a marginal note. The Committee on the Rights of the Child concluded in 2020: "Children with disabilities are at times portrayed in the media as objects of charity rather than rights-holders."
Recommendations:
• Implement measures to ensure a diverse, non-discriminatory communication concerning children with disabilities
• Portray children with disabilities as rights-holders and not objects of pity for charity events
Regarding Article 16 Freedom from exploitation, violence and abuse
A recent study provides evidence of restriction of freedom and coercive measures carried out against children with disabilities in Austrian institutions: in 2019, a total of 4.411 reports were made throughout Austria of restrictions of freedom carried out on under-18s in special schools or other institutions. These include e.g. preventing a child from leaving an area ( locked rooms, restraint, "time-out room," removal of walking aids), preventing a child from leaving the wheelchair or seat, preventing a child from leaving the bed (e.g. straps in the bed, restraining the arms to the bed) and restriction of freedom by omission (e.g. mobilization or mobilization, physiotherapy, regaining the ability to walk, appropriate wheelchair provision, by medication). The report states that "the decentralised system of government in Austria in the areas of disability and child and youth welfare, has so far prevented uniform quality standards for care, training and mandatory child safe-guarding programmes in all institutions."
Sadly, there are frequent reports of individuals and organisations that young people with disabilities are especially affected by violence in the family environment. Again, there is hardly any data collected to confirm these observations. Support measures for families are, therefore, urgently required.
Recommendations:
• Elaborate unified and compulsory quality standards for professionals working with children with disabilities
• Ensure that parents and professionals are educated about the right of children with disabilities for freedom of violence
• Elaborate comprehensive and effective strategies for deinstitutionalization and provide needs-based support and assistance schemes for families
Regarding Article 24 Education
Austria's education system still lacks inclusive approaches in most areas. The National Action Plan on Disability for the years 2022-2030 outlines governments measures to further implement the objectives defined in the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities. However, hardly any significant steps towards a more inclusive education system were included. The segregating special school system is maintained and even expanded, people with disabilities still have limited possibilities to access studies and teacher training. A main argument for maintaining special schools is the parents´ right to choose if their child with disabilities shall receive inclusive or segregated education. However, this right is not met since there are hardly any alternatives the segregated schools. This regulation contradicts the right for inclusive education of children with disabilities.
There is no entitlement for full inclusion of children with disabilities into kindergarten which are a competence of the Laender and the municipalities. There are many reports from all over Austria that children with disabilities may not attend kindergarten on an equal basis with their non-disabled peers. In many cases their attendance is restricted to two days per week or to one or two hours per day.
In addition, there is still a lack of access to secondary education (level 2) for many adolescents with disabilities. Inclusive education for young people with special educational needs is restricted only to a few selected secondary schools, for most secondary schools there is no legal regulation for inclusive education. Many young people with disabilities are not granted the possibility to attend and complete a voluntary eleventh and twelfth school year.
Furthermore, there is no sufficiently provided personal assistance for all people with disabilities to access schools and a chronic underfunding of inclusive education. In general, but also especially when it comes to education (young) people with disabilities are not included in the planning and implementation of measures.
Recommendations
• Creation of an inclusive education system and extensive inclusion of children and young people with disabilities into the mainstream school system through an effective and uniform law for the entire education system to promote inclusion from kindergarten to tertiary education
• Abolish the parents' right to choose segregated or inclusive education for children with disabilities and ensure the access to inclusive education institutions with the necessary support systems for all children with disablities
• Gradual abolition of special schools and simultaneous implementation of the inclusive schooling (from nursery to tertiary education sector, with appropriate financial resources, e.g. by means of a plan for inclusive education)
• Improvements in the area of early childhood care, e.g. inclusive kindergarten, as well as inclusive after-school care places.
Regarding Article 25 Health
Even before the pandemic there were structural deficits both in the outpatient and inpatient areas of child and adolescent psychiatry regarding the care provided as well as the provision of psychotherapy. As the HSBC study showed in 2018 , well before the outbreak of the pandemic, one in four young people already had mental health problems at that time. This need for support was already contrasted back then by a deficient care situation in Austria, with access being unevenly distributed. In 2019, a report by Statistics Austria on "Inpatient Acute Mental Health Care in Austria" clearly showed that the huge demand for hospital beds in psychiatric departments significantly exceeded the actual supply. Around one fifth of the shortfall was accounted for by child and adolescent psychiatry. The lack of services means that children and adolescents are often placed in adult psychiatric institutions. Now, numerous studies paint an even darker picture with negative psychological effects of the pandemic, such as depression, loneliness or anxiety disorders being 80% more frequent among young people than in the general population . More than half of the students suffer from depressive symptoms, 16% even have suicidal thoughts . Psychiatrists sound the alarm that without rapid action, the current situation could lead to an increase in chronic illnesses. Based on our observations, young people with disabilities are particularly affected by psychological stress. Unfortunately, there is no precise data to support this assumption. There is an urgent need to provide such information.
Recommendation:
• Full assumption of costs by all health insurance funds and sufficient capacities nationwide for psychotherapy, child and adolescent psychiatry and functional therapies
• Expansion of psychosocial support in schools
Regarding Article 27 Work and employment
For young people with disabilities it is extremely difficult and often impossible to receive vocational training and to find a job in the general labour market. Although integrated vocational training is well established and a variety of support measures are available for young people with disabilities, many young people are excluded from regular vocational qualifications. This is mainly due to the lack of an apprenticeship place in a regular company or business. These young people either receive basic vocational skills in programmes to make them fit for education or in institutions for vocational orientation and training specifically for young people with disabilities provided by the nine Laender. These institutions are regulated through state laws for disability services and provide basic working skills, but no officially recognised vocational qualification. Such training institutions are usually only for young people with disabilities and thus may not be considered in line with Art. 24 CRPD.
People with disabilities are often at a very early age, even as children, classified as unfit for work and consequently completely excluded from any measures for vocational training and inclusive employment provided by the Federation. With the classification "unfit for work" they fall under the sole competence of the Laender and typically end up in a sheltered workshop.
The Youth Advisory Board for the Tyrolean Monitoring Body emphasizes the importance of quality vocational training and paid employment: "It is a big problem that already young people with disabilities are classified as unfit for work. Then they can only find occupation in a sheltered workshop and only get a few euros pocket money a month, but no real wages. They get no support for vocational training or for real work. But real work and good vocational training are very important to us. We want to work and earn money. We don't want to be disadvantaged in vocational training and work!"
In June 2023 the Federal Government announced to change the regulations for the assessment of incapacity for work: As of January 2024, the assessment shall no longer be required for young people under the age of 25. It has to be observed if this new regulation will improve the access of young people with disabilities to the general labour market.
Recommendations:
• Make sure that all young people with disabilities are eligible for the new regulation regarding assessment of incapacity for work including those that are already officially assessed as unfit for work.
• Elaborate strategies to make all vocational high schools (level secondary 2) inclusive for young people with disabilities on an equal basis with others and abolish segregating vocational training programs only for young people with disabilities in the long-run
Regarding Article 29 Participation in political and public life
In Austria, there are hardly any opportunities for young people with disabilities to participate in political and public life. The Tyrolean Monitoring Body has introduced the aforementioned Youth Advisory Board in 2019, which still remains a singular project as other Laender have not followed suit. The Austrian National Youth Council is currently implementing an Inclusion Board open to young people with disabilities as well. However, there is still no national self-representation of children and youth with disabilities and many working groups which do include people with disabilities are either not aimed at young people or do not meaningfully recognize people with disabilities' opinions in further decision processes. It is of paramount importance that all people are given the opportunity to participate in all areas of political and public life not just limited to disability as such. Furthermore, many barriers are still in place when it comes to elections. Due to a lack of respective education many children and young people with disabilities do not receive relevant information on how these democratic structures work. In addition, information on different elections is not always provided in an understandable way and, therefore, excludes certain people such as many children and youth with learning disabilities.
Recommendations:
• Provide structures on a national level to ensure that children and young people can participate in all areas of political and public life
• Make all elections accessible to people with disabilities and provide needs-based information
Regarding Article 31 Statistics and data collection
There is a profound lack of meaningful data on children with disabilities and their living situation in Austria. This is well reflected in the official data on education which is published on a yearly basis by Statistics Austria: The only data provided on children with disabilities are numbers of special educational needs (SEN) pupils which are not even disaggregated by sex. Pupils with disabilities who do not have SEN, which means that they can follow the general curriculum without any special educational support, are invisible in this data. Furthermore, there is no data on pupils with disabilities who attend general high schools or secondary high schools. This is also true for those young people who attend vocational courses or measures provided by the Laender which are not part of the regular education system. These young people drop out of the official education data and are completely invisible. Similarly, data regarding the preschool and kindergarten sector is lacking, too.
Recommendations:
• Comprehensively include children with disabilities in all official data collection and make them fully visible
• Carry out a comprehensive study on the living situation of children with disabilities and their families in Austria
Zentrale Einbringungen Bedarfs- und Entwicklungsplan Land Triol
1. Mobile Unterstützungsleistungen (§6 TTHG)
- Mobile Unterstützungsleistungen:
- Zeitnahe Bearbeitung der Anträge auf MOBE durch das Land. Es ist dann immer noch schwierig genug, das passende und genügend Personal zu finden. Es kann nicht sein, dass Antragsteller “innerhalb von 2 Wochen” bestimmte Informationen einbringen müssen und die Behörde sich dann 6 Monate Zeit lässt.
- Betreuungsgarantie muss gegeben werden. Ersatz bei Ausfällen durch Krankheiten, Urlaub, Supervision...
- Randzeiten müssen angeboten werden: früh morgens, spät abends, feiertags, an Wochenenden und nachts – umfassendes Betreuungsangebot.
- Angebot als Modul- oder Baukastensystem: individuell, flexibel, anpassbar. Dieses Angebot gehört institutionalisiert. Es kann nicht sein, dass alle Selbstbetroffenen/Angehörigen “jedes Mal wieder” für ihre Situation mühseligst alles “selbst erfinden” müssen.
- Vernetzung der einzelnen Angebote -> “One stop shop”! Arbeit, Schule, Freizeit -> Assistenzangebote müssen leicht aufeinander abstimmbar sein. Bei altersbedingten Wechseln von Kiga zu Schule zu ... sollte bei Möglichkeit/Bedarf eine “Mitnahmemöglichkeit” der Betreuungspersonen bestehen, um ständigen Beziehungsabbruch bei den Betreuungspersonen zu verhindern.
- Teamsitzungen der Betreuungspersonen immer mit Selbstbetroffenen/Angehörigen.
- Unterstützung “in allen Lebensbereichen”, der Auftrag des Selbstbetroffenen umfasst auch Haushalt und Aufräumen. Kein “dafür bin ich mir als ausgebildete Person zu gut”. Wer sollte das sonst übernehmen, wenn der Selbstbetroffene alleine lebt?
- “Betriebsrat” oder Interessensvertretung auch für die Selbstbetroffenen/Angehörigen in den Institutionen, die MoBE anbieten.
- Arbeitsaufträge der MoBE-Betreuungspersonen, wenn Selbstbetroffene viel schlafen. Fortbildung zum Thema des Selbstbetroffenen, weitere Aufträge ausführen im Auftrag des Selbstbetroffenen... Es kann nicht sein, dass diese gut ausgebildeten Personen dann einfach “nichts tun” oder z.B. für eine eigene Prüfung lernen...
- Intensive Aufstockung des FAFE-Stundenkontingents.
- Generell in allen Arbeitsgruppen integrieren:
- Gewaltprävention - besonders bei einer 1:1 Betreuung von Personen ohne viel Möglichkeit, sich selbst zu schützen oder eine Übergriffigkeit Dritten mitzuteilen. Regelmäßige Schulung der Betreuer
- Kommunikationsaufbau mit Menschen ohne Verbal- und/oder Symbolsprache.
2. Leistungen der Kommunikation & Orientierung
- Kommunikation:
- Kommunikation ist ein Grundbedürfnis und ein Menschenrecht. Muss in die Grundausbildung von SOB, Stams,... aufgenommen werden. Als verpflichtendes Ausbildungsmodul – wie das Pflegemodul.
- Als Voraussetzung, um mit Menschen mit Behinderung ohne Verbal- und/oder Symbolsprache arbeiten zu dürfen. Kann nachgeholt werden als Fortbildung, dafür muss es ein Ausbildungsangebot geben.
- Nicht nur technische Hilfsmittel, auch weitere Methoden, um den Kommunikationsaufbau gestalten zu können.
- Basaler Kommunikationsaufbau – sehr individuell abgestimmt.
- In der Frühförderausbildung für die Arbeit mit Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit ist dies bereits integriert.
- Ressource für die Vernetzung im gesamten Helfer:innenteam-> Transfer ins Team und auch zu den Eltern.
- Was machen dazu die Anbieter-Institute: UK unterwegs und Lebenswelt Tirol? Haben sie hier bereits Angebote?
3. Pädagogische Förderung
- Pädagogische Förderungen:
- Ausbau des Angebots für Menschen mit Autismus-Spektrum. Zusätzliche Anbieter, nicht nur eine einzige Anbieterorganisation mit quasi Monopolstellung im Angebot.
- Angebote in den Bezirken? Kooperation mit den Heilpädadagogen und das wars?
4. Tagesstruktur – Wohnen für Kinder und Jugendliche (§10 TTHG)
- Wohnsituation:
- Förderung barrierefreien Wohnraums und Rücknahme von Änderungen in der Tiroler Bauordnung, die Barrierefreiheit verschlechtern. Ermöglichung innovativer Wohnprojekte, um das „Wohnen-Lernen“ im Übergang zum Erwachsenenalter zu forcieren.
- Ausbau inklusiver Freizeitangebote und barrierefreier Spielplätze.
- Das Fehlen barrierefreier Freizeitangebote und inklusiver Spielplätze schränkt die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am sozialen Leben ein. Es besteht Bedarf an mehr Angeboten und besserer Aufklärung, um inklusive Freizeitgestaltung zu fördern.
5. Arbeit – Tagesstruktur (§11 TTHG)
- Berufliche Inklusion:
- Berufsorientierung für Jugendliche mit Behinderung stärken.
- Keine Lücken bei Schnittstellen.
- Echte Chancen für Jugendliche am Arbeitsmarkt schaffen.
- Dschungel Berufsvorbereitungsprojekte – ARBAS-Jugendcoaching – mitendrinn und co.
- Lange Wartelisten. Berufsvorbereitungsprojekte, die endlos Praktika vermitteln, aber eigentlich nicht bei der Suche nach einer Arbeitsstelle helfen.
7. Zuschüsse (§15 TTHG)
- Schulassistenz:
- Forderung: Verbesserung der Organisation der Schulassistenz und der Inklusion in Schulen, inklusive Nachmittagsbetreuung. Mitspracherecht der Eltern bei der Auswahl der Assistenz stärken und in den Gemeinden deren Einhaltung (Hearing-Recht) einfordern.
- Zuschüsse in einer Höhe, die die faire Entlohnung von Schulassistent
mit medizinischem Know-How ermöglicht und damit eine Minimalchance schafft, Personal zu finden!
- Es gibt wiederholt Probleme bei der Beantragung und Organisation der Schulassistenz, die zu Unsicherheiten und Verzögerungen führen. Zudem mangelt es an Nachmittagsbetreuungsangeboten für Kinder mit Behinderungen, was nicht nur ihre Bildungschancen, sondern auch die Arbeitsmöglichkeiten ihrer Eltern beeinträchtigt.
8. Persönliches Budget (§5 Abs 2 TTHG)
- Persönliches Budget:
- Tatsächlich bedarfsgerecht – bis zu 24 h/Tag -> keine Stundendeckelung!
- Ohne Altersbeschränkung - wie es auch für die Persönliche Assistenz/Mobile Begleitung gelten sollte.
- Massiver Ausbau des Peer-Beratungsangebots zum Persönlichen Budget: Angebot in jedem Bezirk, mehrere Vollzeitäquivalente. Neben der Sozialberatung braucht es dringend ebenso eine Rechtsberatung und eine wirtschaftlich-finanztechnische Beratung.
- Ebenfalls Ausbau der behördlichen Auskunftsstelle: Bringschuld seitens des Landes. Angebot einer unkomplizierten, einfachen Schritt-für-Schritt-Erklärung des persönlichen Budgets und Begleitung bei Fragen, schnelle Erreichbarkeit der Landes-Beratungsperson bei Fragen, Vereinfachung des Procederes -> Servicegedanke und Service-Wertehaltung, keine Bittsteller-Position der Antragsteller:innen
- Angleichung der finanziellen Förderung für Dienstleister- und Arbeitgeber:innen. Dienstleister bekommen viel höhere Stundensätze.
- Regelmäßiges Jour fixe mit der Fachabteilung Behindertenhilfe und Wirtschaft.
- Tarifanpassung (Nachtzuschläge, Langzeitabwesenheiten, Verwaltungsanteil, Supervision, Teamsitzungen, Fortbildungen, Weihnachtsfeier = Teambuilding-Maßnahmen).
- Erweiterung der Liste der anerkannten Ausbildungen für MoBE bzw. PA. Selbstbestimmte Personalwahlfreiheit als Betreuungspersonen. Anstellungsmöglichkeit auch für Angehörige.
- Rechtsanspruch auf Persönliches Budget.
9. Persönliche Assistenz (§6 Abs 1 TTHG)
- Persönliche Assistenz:
- Einführung und Finanzierung der persönlichen Assistenz für Kinder und Jugendliche (bzw. deren Familien) und Erweiterung des Bezieher:innen auch für Familien mit erwachsenen Kindern mit Behinderungen ohne Anleitefähigkeit.
- Beratung: Die vielen bürokratischen Hürden und das Mangel an Know-How schreckt viele Eltern ab, die sich dann lieber für den sichereren, aber leider durch mangelnde Teilhabe gekennzeichneten Weg der Unterbringung in Heimen oder heimähnlichen Formen entscheiden.
0. Beratung und Bewusstseinsbildung
- Beratung und Bewusstseinsbildung:
- Auf-/Ausbau niedrigschwelliger, flächendeckender, unabhängiger Beratung,
- Besonders in den Bezirken.
- Abholende Beratung, die direkt bei der Feststellung einer Behinderung in die Familien kommt und für eine ordentliche Übersicht über Rechte und Ansprüche sorgt und die Familie bei der Gestaltung eines inklusiven Lebens unterstützt.
- Fokus auf inklusive Lebensgestaltung und individuelle Zukunftsplanung.
- Begleitende Beratung, die über diese Erstberatung hinaus in Krisensituationen und bei Problemen zur Seite steht.
- Ausbau von Rechtsberatung und Antidiskriminierungsberatung. Dies benötigt mehr Fachpersonal in entsprechenden Räumlichkeiten.
- Aktive Vernetzung mit Kliniken, Krankenhäusern, niedergelassenen Kinderärzt:innen (Schul-)Psycholog:innen, etc. Diese Vernetzung muss organisiert und strukturiert werden.
- Was ich mir persönlich gewünscht hätte: Dass ich nicht nach einem dreijährigen Diagnose-Spießrutenlauf mit einem Sechsjährigen allein dagestanden wäre, sondern dass es jemanden gegeben hätte, der uns an die Hand nimmt und durch diesen Dschungel begleitet.
- Auf-/Ausbau niedrigschwelliger, flächendeckender, unabhängiger Beratung,
Einbringung Tiroler Aktionsplan Behinderung Expertiesegruppe Bildung - Schulassistenz
Im Bereich Schulassistenz stehen wir an einem Wendepunkt, an dem wir von der Realität überholt wurden: Der Zusammenbruchs der Gemnova, der innerhalb kürzester Zeit akkut werdende Personalnotstand, die Etablierung der KiB: Alles Entwicklungen die im Rahmen der Vorbereitungen zum TAP noch nicht voraussehbar waren. Diese Entwicklungen eröffnen uns eine einmalige Gelegenheit, unsere Ansätze und Maßnahmen grundlegend zu überdenken und anzupassen. Angesichts dieser veränderten Ausgangssituation präsentieren wir nachfolgend unsere konkreten Vorschläge.
- Entkoppelung der Leistung Schulassistenz vom Bezug der erhöhten Familienbeihilfe bzw. Pflegegeld.
Der lange Verfahrensweg (aktuell benötigen Finanzministerium und Sozialministeriumservice etwa ein halbes Jahr für die Bearbeitung von Erstanträgen – laut Auskunft des Sozialministeriumsservice liegt das einerseits an der langsamen Weiterleitung der Anträge und andererseits an einem massiven Engpass bei den Begutachter:innen) führt oft dazu, dass nicht rechtzeitig mit der Suche nach Assistent:innen begonnen werden kann. Manche Gemeinden gehen in die Vorfinanzierung, andere nicht, was jährlich für erhebliche Probleme sorgt. Die teils fehlerhaften Begutachtungen (insbesondere bei psychiatrischen/neurologischen Fragestellungen fehlt den Kinderärztinnen oft die notwendige Expertise) führen zu zusätzlich notwendigen Einsprüchen, was den Prozess weiter verlängert. Leider ist der Begriff „Behinderung“ weiterhin stark stigmatisierend, weshalb sich auch vereinzelt Eltern dagegen wehren, die Feststellung überhaupt durchführen zu lassen. Auch Kinder mit einem Grad der Behinderung (GdB) unter 50% brauchen unter Umständen Assistenz, um am Unterricht teilzunehmen. Diese werden bisher von der Leistung ausgeschlossen. Die komplexe Antragsstellung mit vielen Abhängigkeiten führt oft dazu, dass passende Assistenzpersonen nicht rechtzeitig gefunden werden können. Die Anforderungen der Schule, das von der/dem Schulqualitätsmanager:in bestätigte Konzept, die Zustimmung des Schulerhalters, geknüpft an die erhöhte Familienbeihilfe (bearbeitet vom Finanzamt, bewertet vom Sozialministeriumsservice) oder das Pflegegeld mit Lohnzahlung durch die Gemeinde/KiB an die Assistenzperson und Rückforderungen bei der Abteilung Soziales schaffen Unzufriedenheit und Unsicherheit bei allen Beteiligten. Hier bedarf es dringend einer Entbürokratisierung und einer Haltungsänderung hin zu bedarfs – und zeitgerechter Versorgung.
Lösungsvorschlag: Demgegenüber vertrauen wir auf die Expertise im Schulwesen, um sinnvoll über die Notwendigkeit des Einsatzes einer Schulassistenz zu entscheiden. Ein Team aus Schulpsychologie, Schularzt/ärztin sowie Diversitätsmanager:in – je nach Alter des Kindes erweitert um die Elementarpädagogin und Fachberaterin für Inklusion, bzw. die zuständigen Pädagoginnen vor Ort – sollte selbstständig entscheiden können, ob und in welchem Maße Assistenz vor Ort notwendig ist. Selbstverständlich ist dabei ein Antragsweg für Erziehungsberechtigte vorzusehen.
Wir fordern eine Anpassung der entsprechenden Bundes- und Landesgesetzgebung durch den Gesetzgeber und eine Übertragung der Verantwortung weg von der Sozialabteilung zur Landes- wie Bundesschulassistenz in die Bildungsdirektion.
- Das aktuelle System sieht kein frühes Kennenlernen von Schüler:innen und Assistenzpersonen vor. Das eigentlich vorgesehene Hearing-Recht der Eltern wird von Gemeinden teilweise unter dem Vorwand des „Datenschutzes“ ignoriert. Oft treffen Kinder, Familie und Assistenz am ersten Schultag aufeinander, ohne jegliches Onboarding oder Vorbereitungszeitraum. Das Unterstützungssystem sollte bereits zum Schulschluss feststehen, damit entsprechende Abläufe eingeplant werden können.
Das Hearing-Recht der Eltern ist in der Richtlinie verbindlich festzuschreiben, so dass die Eltern dieses auch einfordern können!
- In verschiedenen Gemeinden gibt es weiterhin unterschiedliche Arbeitsverträge, teils mit Regelungen wie Beschäftigungslücken im Sommer oder Ferienputzdiensten, aber gleichzeitig fehlen Stunden für Schulausflüge. Flexible Überstundenregelungen etc. sind nicht vorgesehen. Langfristig sollen alle Assistenzpersonen (Bundes- und Landesschulassistenz) von einer zentralen Stelle beschäftigt werden, in enger Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion. Ansonsten werden Gemeinden weiterhin Inklusion verhindern, indem sie Kinder und Assistenzpersonen jedes Jahr aufs Neue zittern lassen.
- Die bewilligte Stundenanzahl reicht oft nicht aus, um den Bedarf des Kindes zu decken. Dadurch werden Stunden im Klassenverband gekürzt (man orientiert sich an der Mindeststundenzahl in den jeweiligen Lehrplänen) oder die Assistenzperson fehlt bei Aktivitäten wie Wandertagen. Auch Zeit für Vernetzung fehlt: Weder mit Lehrer:innen noch mit Eltern oder anderen Unterstützern sind hierfür Stundenkontingente vorgesehen. In der Leistungsbeschreibung wird Vernetzung (sogar mit Therapeut:innen) dezidiert genannt, in den Stundenkontingenten wird dafür aber kein Platz eingeräumt.
Wir fordern eine Abschaffung der festgelegten Höchststundenzahl pro Kind und einen Wechsel hin zu einer bedarfsgerechten Zuteilung von Assistenzstunden mit denen auch unter anderem Schulweg oder außerschulische Aktivitäten aber auch Vernetzung, Fortbildung oder Supervision abgedeckt werden können.
- Ein Ausfall einer Assistent:in aufgrund von Krankheit oder ähnlichem führt regelmäßig zu Ausnahmesituationen. Ein Pool an Reserveassistent:innen, nach dem Vorbild der Reservelehrer:innen, (oder verbindliche Vertretungsvereinbarungen) könnte hier Abhilfe schaffen.
- Bisher gab es keine systematische Fortbildung für Assistenzkräfte bezüglich spezieller Anforderungen. Nach der Grundausbildung war es den Assistenzpersonen selbst überlassen, sich weiterzubilden. Teilweise mussten diese sogar selbst finanziert werden. Pädagog:innen haben vor Ort Unterstützung, während Assistenzpersonen autonom arbeiten. Daher muss ein niederschwelliger Zugang zu Beratungslehrer:innenstab und Schulpsychologie (selbstverständlich in Rücksprache mit Eltern, Erziehungsberechtigten) ermöglicht werden, sowie systematische und koordinierte Fortbildungen außerhalb der zu erbringenden Assistenzzeiten, beispielsweise während der Sommerferien oder nachmittags.
- Aufgrund der geringen Bezahlung bei hohen Anforderungen und Ansprüchen an die Assistenzperson ist der Beruf nicht attraktiv. Auch die fehlende Anrechnung von Vernetzungs- und Vorbereitungsstunden ist dabei ein Problem.
Die geringe Einstufung und oftmals nur Teilzeit-Anstellungen (teilweise nicht durchgängig über den Sommer) kann gerade auch bei Frauen zum Problem der Altersarmut führen.
Wir fordern eine höhere Einstufung für Schulassistent:innen sowie systematische Aus- und Weiterbildung der Angestellten in diesem Bereich.
- Zusatzqualifikationen sollten entsprechend honoriert werden und ein Pool an Assistent:innen mit pflegerischen Qualifikationen, Kenntnissen in Gebärdensprache etc. aufgebaut werden.
- Ein kürzlich erstrittenes Urteil zur Assistenz in Bundesschulen fordert das Bildungsministerium auf, Diskriminierung zu beenden. Bisher wurde Kindern der Zugang zur Sekundarstufe I an Gymnasien nur ermöglicht ab Pflegegeldstufe 5 (in Ausnahmefällen 3) für Kinder mit Körper- und Sinnesbehinderung. Die vom Gericht eingeforderte neue, nicht diskriminierende Richtlinie muss vom Bund endlich vorgelegt und umgesetzt werden. Zur Umsetzung der Assistenz an den Bundesschulen benötigt es dann entsprechende zusätzliche Ressourcen für Koordination, Vernetzung und Reflexion – analog zur Landesschulassistenz. Der Aufbau dieser Strukturen darf nicht zu einer Ressourcenbenachteiligung der Allgemeinen Pflichtschule kommen.
- Schulassistent:innen, die im Rahmen von Schulwegbegleitungen, Mobilitätstrainings zur Vorbereitung auf das Arbeitsleben, Begleitungen bei Schulveranstaltungen oder während Berufspraktika im Sinne der Berufsorientierung öffentliche Verkehrsmittel nutzen, haben dafür keine Abrechnungsmöglichkeit. Wenn das Kind im Besitz eines Behindertenausweises mit Eintragung einer Begleitperson ist, stellt dies kein Problem dar. Häufig ist dies jedoch nicht der Fall. Abhängig von der Vereinbarung übernehmen entweder der Schulerhalter diese Kosten oder die Eltern beziehungsweise die Assistent:innen bleiben auf den Kosten sitzen. Hier gilt es, angemessene Abrechnungsmodalitäten zu finden, oder alternativ das Tirolticket als "Goodie" von Seiten des Arbeitsgebers zu gewähren
- Die unkomplizierte Mitnahme von Assistent:innen in andere Lebensbereiche muss ermöglicht werden. Die gut eingearbeitete Assistent:in aus dem Kindergarten soll ohne bürokratische Hürden in die Schule wechseln dürfen. Gleiches gilt am Ende der Bildungslaufbahn für die Übernahme als persönliche Assistent:in oder Assistenz am Arbeitsplatz. Hierbei gilt: Die Familie, später der junge Erwachsene, soll entscheiden, ob er/sie das möchte!