Sind SchulärztInnen die neue Lobby der Sonderschulen?
Auch wenn es die Ärztin offenbar für "sinnvoll" hält, aber die 2008 ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention verlangt NICHT, dass alle Kinder mit Behinderung weit weg zu Schulen gekarrt werden, wo es ein nettes Schwimmbad, ein Pferd und kleine Gruppen gibt.
Im Gegenteil: Die Republik Österreich hat unseren Kindern viel mehr versprochen, dass an den Wohnortschulen jene Unterrichts- und Betreuungsqualität ermöglicht wird, die an Sonderschulen bereits gegeben ist. Das heißt zwar nicht, dass überall ein Pferd angeschafft werden muss, aber es heißt, dass z.b. gebärdensprachkompetente Lehrpersonen, SonderpädagogInnen, etc. dort eingesetzt werden, wo die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben. Das gleiche gilt natürlich für therapeutische Angebote!
Deshalb dürfen sich SchulärztInnen auch dafür einsetzen, dass die nötigen TherapeutInnen in die Wohnortschulen kommen, dass therapeutisches Schwimmen, oder auch mal ein Hippotherapie im Unterricht oder der Nachmittagsfreizeit besucht werden kann. SchulärztInnen dürfen (eigentlich müssen) auch die Eltern über die sozialen Auswirkungen von Aussonderung aufklären und sich nicht an das medizinische Modell von Behinderung klammern, das viel zu defektorientiert erscheint.
Die UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ist keine Konvention für ÄrztInnen! Es geht also nicht darum, die Kinder aus ganz Tirol dort hinzubringen, wo es für die behandelnden Personen sinnvoll erscheint, sondern medizinische und therapeutische Angebote müssen im Sinne der bestmöglichen Qualität dort angeboten und geleistet werden, wo die Kinder leben!
Ein paar der Reaktionen auf die Aussagen der Ärztin:
Eine betroffene Mutter:
Viele Jahre lang wurde uns Eltern von der Sonderschulleiterin erklärt, dass mein Sohn eine kleine Klasse und eine sehr individuelle Förderung braucht. Die Ärztin hat das heute auch so pauschal behauptet. Mein Sohn ist nun seit 2 Jahren in einer Regelklasse und er entwickelt sich prächtig. Die MitschülerInnen sind sehr wichtig für ihn. Eine „Kleingruppe" braucht er nicht, er fühlt sich mit seinen 29 MitschülerInnen sehr wohl und hat auch Freunde gefunden. Wir sind sehr stolz auf unser Kind und fragen uns immer wieder, warum uns immer nur die Sonderschule (30 km entfernt) empfohlen wegen der kleinen Klassen wurde... (verkürzte Aussage)
Eine betroffene Mutter:
Die Frau Claudia (...) hat sich als Schulärztin ausgegeben und Herrn Begus als „idealisiert" hingestellt, aber als Mutter einer Tochter mit Behinderung und als Psychologin habe ich einen ganz anderen Eindruck. Ich kann meiner Tochter keine Wurzeln geben, wenn ich sie ins Elisabethinum gebe, ihre Wurzeln sind hier bei der Familie! MedizinerInnen sollten auch die Psyche und Seele und die soziale Heimat der Kinder nicht vergessen oder ignorieren. Auch als Medizinerin muss man mal über den Tellerrand hinausblicken! Kinder aus therapeutischen Gründen aus ihren Familien zu holen ist unsozial und sehr ungesund... (verkürzte Aussage)
Ein betroffener Vater:
Wir werden seit 6 Jahren von „Integration Tirol" als einzigem guten Verein unterstützt. Niemand hat uns bisher mehr geholfen. So haben wir auch die UN-Menschenrechtskonvention gut kennengelernt. Mich wundert, warum die Schulärztin immer noch von einem so komischen und weltfremden, medizinischen Bild von Behinderung ausgeht. Meine Tochter geht mit ihren TherapeutInnen schwimmen und erhält auch Hippotherapie. Wir wohnen in Osttirol und würden unsere 9 jährige Tochter niemals ins Internat nach Innsbruck schicken. Ich weiß nicht, was sich diese "Ärztin" dabei denkt... (verkürzte Aussage)