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Kinder mit Assistenzbedarf und die "Sommerschule"

Die Freude war groß, als Bildungsminister Faßmann verkündete, dass die Sommerschule heuer die Türen für alle öffnet!

Dazu muss man wissen: Meinem Sohn hat das nun schon über ein Jahr dauernde Schul-Hin-und-Her ganz schön zugesetzt. Natürlich habe ich vollstes Verständnis für die derzeit notwendigen COVID-19 Maßnahmen. Dennoch muss ich mir eingestehen: Das was mein Sohn in der Schule lernt, das kann ich ihm daheim nicht vermitteln! Zumal er Wiederholung und Kontinuität wirklich dringend braucht - dringender als manch ein anderer!
Soziale Kontakte und Teilhabe sind ein anderes Kapitel, da mag ich gar nicht anfangen zu jammern. Jedenfalls kommen da zwei Wochen gratis Nachhilfe, Unterricht und Gemeinschaft im Klassenverband gerade sehr recht!

Auch die Idee das Kind im Sommer zwei Wochen betreut zu wissen, um sich selbst konzentriert der Arbeit widmen zu können, oder einfach mal einen Vormittag für sich zu haben, ist verlockend. Sommerbetreuungsangebote für Kinder mit Behinderungen gib es ja sonst kaum.

Also frage ich an, was es für die Anmeldung braucht. Und siehe da; Die Sommerschule richtet sich gar nicht an ALLE!
Vergessen wurden Kinder mit sonderpaedagogischen Förderbedarf. Während sich Kinder mit allgemeinem SPF schon dazuhocken dürfen (gezielte Förderung brauchen sie sich nicht erwarten), sind Kinder mit erhöhtem Förderbedarf (wie mein Sohn) schlicht gar nicht vorgesehen! Er zählt leider nicht zur "primären Zielgruppe".

Welche Geisteshaltung offenbart sich hier? Kinder mit Behinderungen sind es dem Ministerium anscheinend nicht wert gefördert zu werden, denn, so lautet wohl die Grundannahme: Mein Kind lernt anscheinend sowieso nichts! Wer nicht in der Lage ist, sich den normalen Lehrplan in normaler Zeit normal anzueignen, der braucht keine Förderung, der ist nur ein Klotz am Bein der Lernwilligen. Autsch! Das tut weh! Meinem lernwilligen Kind noch mehr als mir!

Wobei die Geschichte mit dem Aufholbedarf eher ein Vorwand sein dürfte. Real steht und fällt die Sommerschule für Kinder mit Behinderungen mit der Finanzierung der AssistentInnen. Ohne Assistentin kann der Unterricht geleitet von StudentInnen wirklich nicht gelingen. Kosten darf Inklusion halt nichts. Von Kosten für Assitenz will das Ministerium nichts wissen, da sollen sich die Länder drum kümmern. Die Länder wiederum finden eventuell Einzellösungen. Oder die LehrerInnen sprechen halt keine Empfehlungen aus, dann hat sich das Problem von selbst gelöst.

Naja. Kein Problem. Eine Lösung steht ja immer parat: Im Gegensatz zu anderen Eltern, brauchen wir Eltern von Kindern mit Behinderung ja generell nicht zu arbeiten und weil wir ja eh alle so super Eltern sind, fördern wir mit links. Eine Pandemie auf oder ab, macht den Braten auch nicht mehr fett! Danke Sommerschule! Danke Herr Bundesminister!

Wer jetzt glaubt in der Sonderschule läuft es besser...
... der irrt gewaltig. Im Gegenteil. Für die Sonderschule ist nicht nur keine Sommerschule vorgesehen, in der ASO haperst jetzt schon an der Betreuung.

Laut CoVID19-Maßnahmenpaket findet seit Februar in Sonderschulen ab der fünften Schulstufe Unterricht in Schichtbetrieb statt. Das heißt: 2 Tage Unterricht, 3 Tage Homeschooling: Gleich wie in der Mittelschule. Für die drei Home-Schooling-Tage gibt es aber keine schulische Betreuung (im Gegensatz zur MS).
Teilweise haben Schulen dafür autonome Lösungen gefunden und es gibt 5-Tage-Unterrichts-Wochen. Je nach Schule und Alter der Schüler*Innen gibt es aber schlicht gar kein Angebot.
Wie das trotz der Bildungspflicht bis 18 sein kann, ist unbegreiflich. Wie das Eltern mit beruflichen Verpflichtungen stemmen sollen, ebenso.

Es wird höchste Zeit, dass hier Lösungen für ALLE Kinder gefunden werden! Die aktuellen "Lösungen" sind klar behindertenfeindlich und diskriminierend.

 

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