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Einsperren ist keine Lösung! Persönliche Freiheit als Kinderrecht!

Wie steht es um das Recht auf persönliche Freiheit von Kindern mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben oder betreut werden? Ein Forschungsprojekt hat in Österreich untersucht, wie Kinder in verschiedenen Einrichtungen von Freiheitsentzug betroffen sind.

Keynote aus der Studie "Einsperren ist keine Lösung!" Fassung für Jugendliche

Die kürzliche veröffentlichte Studie „Einsperren ist keine Lösung! Persönliche Freiheit als Kinderrecht" des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte beinhaltet ein sehr ausführliches Kapitel zur Situation von Kindern mit Behinderungen in verschiedenen Formen von Einrichtungen. Das ist an sich schon bemerkenswert, weil Kinder mit Behinderungen hierzulande in Studien oder Erhebungen oft nicht berücksichtigt werden.
Das sind die zentralen Botschaften, wie sie in der Studienversion für Jugendliche zusammengefasst sind:

Da Freiheitsbeschränkungen an behinderten Kindern oder Jugendlichen seit Juli 2018 an die Bewohnervertretung gemeldet werden müssen (vgl. dazu den Newsletter von Integration Tirol ) gibt es dazu detaillierte Daten, die einen Eindruck von der Praxis vermitteln. Z.B. gab es im Jahr 2019 österreichweit insgesamt 4.411 Meldungen über durchgeführte Freiheitsbeschränkungen an unter 18-jährigen in Sonderschulen oder anderen Behinderteneinrichtungen.

Zu diesen Freiheitsbeschränkungen zählen
• das Hindern am Verlassen eines Bereiches, z.B. versperrte Zimmer, Festhalten, „Auszeit-Raum", Entfernen von Gehhilfen;
• das Hindern am Verlassen des Rollstuhls oder der Sitzgelegenheit, z.B. Fixieren im Rollstuhl oder Sessel; Tisch vor einem Rollstuhl oder Sessel, den Bewohner:in aus eigener Kraft nicht verrücken kann;
• das Hindern am Verlassen des Bettes, z.B. Gurte im Bett, Fixierung der Arme am Bett;
• und Freiheitsbeschränkung durch Unterlassen, z.B. der Mobilisierung bzw. Mobilisation, der Physiotherapie, des Wiedererreichens der Gehfähigkeit, der geeigneten Rollstuhlversorgung, durch Medikamente.

Unterlassung durch fehlende Bereitstellung von Unterstützung, um z.B. außerhalb einer Einrichtung die Freizeit individuell zu gestalten, fehlt in dieser Liste bedauerlicherweise. Ein Blick in den Alltag von Kindern oder Jugendlichen, die in Sonderschulinternaten oder anderen Einrichtungen leben, zeigt aber, dass fehlende individuelle Unterstützung gerade für Kinder oder Jugendliche mit hohem Unterstützungsbedarf häufig ein Problem ist. In Institutionen ist der Alltag stark an Gruppenaktivitäten orientiert, Unterstützung für individuelle Aktivitäten außerhalb der Einrichtungen erfolgt vielfach nicht.

Die Studie schlägt eine Fülle an Maßnahmen vor, damit das Grundrecht auf persönliche Freiheit für Kinder mit Behinderungen in Österreich in Zukunft besser realisiert wird, u.a.:
• Bundesweite Gewährleistung des Rechts auf Persönliche Assistenz für Kinder mit Behinderungen und Ausbau von Familienstärkungsprogrammen;
• Entwicklung eines verbindlichen Programms zur Deinstitutionalisierung, samt Moratorium für Aus- und Neubau stationärer Angebote, Zeitplan und Ressourcen für Ausbau alternativer gemeinwesenorientierter Konzepte;
• Umfassende Inklusionsstrategie für den Bildungssektor zur Vermeidung segregierender Bildungsangebote für Kinder mit Behinderungen;
• Ausbau von Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen in Entscheidungen betreffend Unterbringung, Sicherstellung einer niedrigschwelligen Feedback-Kultur innerhalb von Einrichtungen, partizipative Erstellung von Hausregeln, einschließlich zu Besuchsregelungen und Außenkontakten.

Die Studie „Einsperren ist keine Lösung! Persönliche Freiheit als Kinderrecht – Alternativen zu Freiheitsentzug und Freiheitsbeschränkungen in Österreich" gibt es in verschiedenen Fassungen zum Download:
Die gesamte Studie >>> hier
Eine Zusammenfassung >>> hier
Eine Fassung für Jugendliche >>> hier

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