Nationaler Präventionsmechanismus
Seit dem Jahr 2012 kontrollieren in Österreich insgesamt sechs Kommissionen der Volksanwaltschaft Einrichtungen, in denen Menschen leben oder untergebracht sind. Dazu zählen auch Einrichtungen oder Programme für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, also z.B. Internate, die an Sonderschulen angeschlossen sind, oder Wohngruppen und –heime für behinderte Kinder. Selbstverständlich werden auch inklusiv orientierte Einrichtungen, in denen behinderte Kinder gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern leben, kontrolliert.
Die Kontrollen werden auch Nationaler Präventionsmechanismus im Sinne des Schutzes der Menschenrechte genannt (1). Gerade bei Besuchen in Einrichtungen für Kinder und Jugendlichen wird daher untersucht, ob die Einrichtung ein Konzept zur Gewaltprävention hat und wie es in der Praxis umgesetzt wird. Ebenso zwingend vorgesehen sein sollten sexualpädagogische Konzepte.
Die Kommissionen der Volksanwaltschaften kündigen ihre Kontrollen nicht an. Sie folgen einem Protokoll, das bedarfsgerecht an spezifische Schwerpunkte und auch an individuelle Einrichtungen angepasst werden kann.
Folgende Fragestellungen stehen im Vordergrund (2):
- Lage der Einrichtung, z.B. Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- allgemeine Baustruktur
- bauliche Ausstattung, z.B. Barrierefreiheit
- Lebens- und Aufenthaltsbedingungen, z.B. kulturelle, sportliche und Freizeitaktivitäten
- Kontakt nach Außen, z.B. Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu Vertrauenspersonen und zu rechtlicher Vertretung
- Recht auf Familie und Privatsphäre
- Bildungs-, Arbeits- und Beschäftigungsangebote
- Zugang zu Informationen innerhalb der Einrichtung
- Beschwerdemanagement
- Freiheitsbeschränkende Maßnahmen
- Sicherungsmaßnahmen, z.B. private Sicherheitsdienste
- Indizien auf Folter, Misshandlung, Missbrauch, Vernachlässigung und erniedrigende Behandlung
- Gesundheitswesen
- Personal
- Betreuungspläne und Vollzugspläne
- Rückführung und Entlassung, z.B. Zugang zu Angeboten und Dienstleistungen zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft
Im Anschluss an den Kontrollbesuch erfolgt ein Gespräch mit den Verantwortlichen der jeweiligen Einrichtung, in dem Eindrücke und Rückmeldungen gegeben bzw. auf Mängel hingewiesen wird. Werden gravierende Mängel festgestellt, informiert die Volksanwaltschaft die Aufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes bzw. zuständige Ministerien. Entsprechende Schritte und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation sollten darauf folgen. In jährlichen Berichten an den National- und den Bundesrat fasst die Volksanwaltschaft ihre Erkenntnisse zusammen und formuliert politische Forderungen sowohl für die Bundes- als auch für die Landesebene.
Auf der Grundlage von Kontrollbesuchen in sozialpädagogischen Einrichtungen für Kinder und Jugendlichen präsentierte die Volksanwaltschaft Ende 2017 einen umfassenden Bericht über Gewaltprävention in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Alle interessierten LeserInnen finden dort ausführliche weiterführende Informationen (3).
(1) Näheres dazu auf der Homepage der Volksanwaltschaft:
https://volksanwaltschaft.gv.at/praeventive-menschenrechtskontrolle
(2) Die Protokollvorlage steht hier zum Download zur Verfügung:
https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads/dvnqf/Besuchsprotokoll.pdf
(3) Sonderbericht der Volksanwaltschaft 2017: „Kinder und ihre Rechte in öffentlichen Einrichtungen":
https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads/evrov/Sonderbericht_Kinderrechte_2017.pdf